Warum ist eigentlich fast jedes Smartphone-Display besser als das einer Digitalkamera? Schwenkdisplays werden immerhin bei einigen neueren Modellen verbaut, aber das potenziell beste Kameradisplay, das man mit sich führt, ist selten in der Kamera selbst verbaut, sondern in der Hosen-/Hemd-/Jacken-/Handtasche verstaut.

Live-View ist seit gut 5 Jahren bei so gut wie jeder digitalen Spiegelreflex verfügbar. Geht es um Geschwindigkeit, ist man mit einem Blick durch den Sucher natürlich besser dran. Spielt die Zeit jedoch keine Rolle, ertappe ich mich regelmäßig dabei, auf dem Stativ mit Live-View zu arbeiten – bei Makros, Produktfotos, Landschafts- und Architekturaufnahmen… weil ich gerne sehe, was nachher auf der Speicherkarte landet. Die Belichtung lässt sich besser einschätzen, das manuelle Fokussieren funktioniert präziser als durch die Mattscheibe – gerade bei schlechten Lichtverhältnissen, und es wird zusätzliches Tempo herausgenommen, was für mich persönlich den Entspannungsfaktor erhöht.

Meine Kamera hat ein 3-Zoll-Display, was derzeit Standard bei den DSLR ist und wohl noch eine Weile bleibt… weil die Hersteller ihre Kameras kompakt halten wollen und somit schlicht nicht mehr Platz vorhanden sein wird. 3 Zoll sind erheblich besser, als die 2-Zoll-Mäusekinos, die einem noch Anno 2005 vorgesetzt wurden, aber die Entwicklung steht seitdem praktisch still. Inzwischen weisen zwar die Displays der neueren Modelle vereinzelt Touchscreen-Bedienung und auch recht häufig Megapixel-Auflösungen auf, aber für eine Touchscreen-Bedienung sind sie erst recht zu klein und die Megapixel-Displays stellen zwar alles etwas schärfer dar, die Fläche des Screens bleibt jedoch die selbe. Dreh-/schwenkbare Displays werden nur teilweise angeboten.

Sicher hat sich so mancher Live-View-Benutzer schon gedacht „Da hat ja selbst mein Handy ein grösseres/besseres Display!“. Reden wir mal gar nicht von Tablets. Oder reden wir doch davon – viele Smartphones und Tablets eignen sich hervorragend als externes Display für die digitale Spiegelreflex, sind das bessere Kamera-Display!

Bei iOS-Geräten (iPhone/iPad/iPod touch) ist das leider schon mit einem dicken „ABER…“ verbunden. Das Problem in Apples schöner iWorld ist, dass die Geräte keinen „echten“ USB-Port haben – die Systeme werden zwar am USB-Anschluß der Rechner angeschlossen und über iTunes synchronisiert… aber einen USB-Host stellen die Geräte nicht zur Verfügung. Die DSLR kann folglich nicht einfach per USB angesteuert werden. Live-View und eine vollwertige Bedienung per iPhone/iPad/iPod erfordern derzeit (mit Ausnahme der EOS 6D, die per WLAN über die EOS Remote App gesteuert werden kann) und wohl auch noch für eine ganze Weile zusätzliche Hardware: z.B. den CamRanger, der ca. 330,- EUR kostet. Für das Geld bekommt man allerdings auch schon sehr gute Android-Tablets mit 7″ (z.B. Google Nexus 7) oder einen externen, akkubetriebenen Monitor. Aber eigentlich ging es darum, vorhandene Hardware besser auszunutzen und mit wenig Geld eine erhebliche Verbesserung zu erzielen.

Ist ein Android-Gerät vorhanden, dann wird die Sache schon spannender, denn viele Android-Smartphones/Tablets bieten einen USB-Host an. Sie betrachten angeschlossene Geräte im Gegensatz zu iOS-Geräten nicht nur als Stromlieferanten, sondern können damit kommunizieren. Für Canon-DSLR kann ich aus eigener Erfahrung die App „DSLR Controller“ empfehlen. Für Nikon ist mir derzeit nur DslrDashboard bekannt. CamCap kann mit Nikon- und Canon-DSLR , wird allerdings von den Käufern eher mit gemischten Gefühlen bewertet. Adapterkabel zwischen den verschiedenen USB-Anschlüssen findet man in fast jedem Elektronikladen oder bei Amazon und Ebay. Die EOS 6D kann auch auf Anroid-Geräten per WLAN angesteuert werden.

Was diese Apps machen, ist unter dem Begriff „Tethered Shooting“ auf dem PC/Mac schon länger möglich. Die Kamera wird per USB mit dem PC/Mac/Smartphone/Tablet verbunden, liefert diesem ein Live-Bild, wird ferngesteuert ausgelöst und es können auch viele Einstellungen vorgenommen werden:

  • Live-View mit Gittereinblendung
  • Autofokus (gewünschte Stelle im Live-View antippen)
  • Manueller Fokus (Objektiv muss auf AF gestellt sein)
  • Live-Histogramm
  • Belichtungsreihen (z.B. für HDR)
  • Zeitraffer-Aufnahmen
  • Betrachtung der aufgenommenen Bilder
  • Über-/Unterbelichtungswarnung
  • Änderung folgender Aufnahmeparameter:
    • Blende
    • Empfindlichkeit (ISO)
    • Belichtungszeit/-korrektur
    • Weißabgleich/Farbtemperatur
    • Bildformat (RAW/Jpeg)

Die beste Kameraperspektive ist nicht selten der unbequemste Ort, um stehen/sitzen/liegenzubleiben. Hat man die richtige Perspektive eingestellt, kann man sich im näheren Umkreis (=Reichweite des USB-Kabels) ein bequemeres Plätzchen aussuchen dort auf das beste Licht warten und aus der (relativen) Ferne fokussieren, die Belichtung einstellen und so weiter.

Wohin mit dem Tablet oder Smartphone?
DSLR haben eher selten einen eingebauten Tablet-Halter. Smartphones kann man problemlos auf dem Blitzschuh befestigen, hierfür genügt ein kleiner Kugelkopf mit montiertem Smartphone-Adapter, kostet insgesamt keine 30 Euro (was manche nicht davon abhält, es als Komplettset für knapp 80 Euro zu verhökern…), dann kann man sich das Display hindrehen, wie man es gerade braucht, für bodennahe Fotos oder Aufnahmen über Kopfhöhe ist das sehr praktisch.
Bei Tablets wär ich bezüglich Blitzschuh eher vorsichtig – nicht alleine des Gewichts wegen; ein Tablet hat eine deutlich grössere Fläche, was schon bei einem leichten Windstoss zu Verwacklungen führt und den Blitzschuh zusätzlich belastet. Lieber das Tablet am Stativ befestigen. Universal-Tablet-Halterungen gibt’s an jeder Ecke, diese kann man mittels einer Superclamp und einem Schwanenhals/Magic Arm elegant am Stativbein fixieren.

Benutzer einer L-Schiene sollten sich nach USB-Kabeln mit gewinkelten Anschlüssen umsehen, damit kommt man bei Hochformataufnahmen oft dem Stativ gar nicht erst in die Quere.

Fazit:

Wenn schon Live-View, dann bitteschön groß… 4 Zoll, 5 Zoll, 7 Zoll oder 10 Zoll – her damit! Wer bereits ein taugliches Android-Gerät besitzt, ist bei der App und dem Adapterkabel oft schon mit zehn Euro dabei. Nutzer von iOS-Geräten müssen momentan wegen zusätzlich erforderlicher Hardware noch tiefer in die Tasche greifen.